Wasserstoff als Energieträger

Es wird immer wieder vorgeschlagen, dass Wasserstoff (H2) als Ersatz von Erdgas (Methan, CH4) eingesetzt werden könnte. Auf den ersten Blick wirkt das einleuchtend. Beides sind Gase, H2 kann auf verschiedene Weise gewonnen werden u.a. aus Erdgas mit CO2-Speicher oder aus regenerativen
Energien. Wir verfügen über ein großes Erdgasnetz, welches so weiter genutzt werden kann und der Energiewende dient. Schauen wir dazu auf die Details.

Wasserstoffgewinnung

Wasserstoff kann im Wesentlichen durch Reformation aus fossilen Quellen oder aus Wasser mittels Elektrolyse gewonnen werden. Wasserstoff aus fossilen Quellen wird als blauer oder schwarzer Wasserstoff bezeichnet während Wasserstoff aus Elektrolyse und Nutzung von Strom aus regenerativen Quellen grüner Wasserstoff genannt wird.

Blauer und Schwarzer Wasserstoff

Blauer und schwarzer Wasserstoff werden aus Erdgas gewonnen mittels Dampfreformierung. In diesem Prozess gehen ca. 30% der Energie aus dem Erdgas verloren. Dazu kommen Verluste für die Speicherung, den Transport und Leckagen.

Anders als schwarzer Wasserstoff, wird beim blauem Wasserstoff das entstehende CO2 gespeichert mit Carbon Capture and Storage (CCS). Es sei günstiger als grüner Wasserstoff. Aber laut dem ehemaligen Chef Gas-Lobbyist, Chris Jackson, wurden die Kosten künstlich schöngerechnet um die Politik und Öffentlichkeit zu überzeugen [Guardian 2021]. Zudem kann nicht das gesamte CO2 abgeschieden und
gespeichert werden und CO2 kann in größeren Mengen aus den Lagern entweichen.

Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff wird sehr teuer sein, da dazu große Mengen Strom eingesetzt werden müssen und die Anlagen recht teuer sind [Martin 2021]. Nachhaltig ist die Produktion nur wenn sie aus grünem Strom gewonnen wird. Je nach Verfahren hat die Elektrolyse eine Effizienz von 60%-85% dazu kommt die Kompression und Speicherung des Gases, sowie Leckagen, welche die Nutzmenge weiter reduzieren.

Warum wird Erdgas genutzt?

Erdgas bietet als Ressource viele Vorteile. Es ist billig, sauberer als Kohle da es mit wenig ungewollten Emissionen verbrennt, es kann leicht transportiert werden u.a. durch Pipelines, welche nur wenig Energie
benötigen um das Gas zum Ziel zu bringen.

Erdgas hat aber auch Nachteile. Das sind die CO2-Emissionen aber mehr noch die Methan-Emissionen, welche oft vernachlässigt werden. Methan (CH4) ist ein 5 mal stärkeres Treibhausgas als CO2. Methan entweicht je zur Hälfte bei der Produktion und beim Transport über Leckagen (Ein ausführlicher Bericht findet sich hier [Reuters 2020]).

Wasserstoff Nutzung

Wasserstoff wird heute bereits in chemischen Prozessen genutzt für die bisher Wasserstoff mithilfe von Dampfreformern erzeugt wird. In Zukunft soll es aber auch als Ersatz für Erdgas herhalten. Das heißt konkret es soll zum Heizen, Kochen, zur Stromerzeugung und als Treibstoff für Autos, Züge und Flugzeuge genutzt werden.

Auf den ersten Blick wirkt das einleuchtend. Beides sind Gase, beide sind brennbar und es entstehen als Verbrennungsprodukte CO2 und Wasserdampf (bei H2 nur Wasserdampf). Allerdings haben beide Gase ganz unterschiedliche Energiedichten.

Bei Gasen spielt die Menge Energie pro Volumen (Energiedichte) die entscheidende Rolle. Man kann zwar Gase komprimieren und damit die Dichte erhöhen, bekommt dann aber andere technische Probleme.

Sukzessiver Austausch von CH4 durch H2

Wenn Methan schrittweise durch Wasserstoff ersetzt werden soll, haben beide Gase jedoch den selben Druck. Allerdings kann H2 pro Kubikmeter weniger Energie speichern. Hier ein Beispiel:

Neben wir an wir haben 100% CH4 mit 100 Joules in Methan. Nun werden 20% des Volumens durch Wasserstoff ausgetauscht. Diese 20% Wasserstoff haben 6 Joules und die verbleibenden 80% Methan haben 80 Joules. Zusammen sind das 86 Joules gegenüber 100 Joules bei reinem Methan. Bei gleicher Energiemenge ergibt de Beigabe von 20% Wasserstoff eine Reduktion der CO2 Emissionen von nur 7%, weil ja nun mehr Gasvolumen verbrannt werden muss für die selbe Leistung.

Erhöht man den Wasserstoffanteil weiter, reduziert sich die Energiedichte. Bei 100% Wasserstoff sind es dann nur noch 30% der Energie. Darauf ist die Infrastruktur und die Endgeräte nicht ausgelegt. Das bedeutet Turbinen, Heizungen und Herde müssen ersetzt werden um mit Wasserstoff betrieben werden zu können. Der Vorteil die Infrastruktur nachnutzen zu können entfällt also. Es müssten neue Maschinen angeschafft werden.

Will man die gleiche Energiemenge pro Volumen bewegen muss man den Druck um das 4 Fache erhöhen. Das erfordert neue Kompressoren und andere Infrastruktur. Aber nehmen wir an dies würde so umgesetzt. Das nächste Problem ist Leckage und Sicherheit.

Wasserstoff bildet sehr kleine Moleküle. Viel kleiner als Methan. Es muss sehr großer Aufwand getrieben werden um H2 sicher zu nutzen. Im industriellen Kontext kann das gewährleistet werden aber im
privaten Umfeld ist das deutlich schwieriger. Das Risiko von Fehlern ist zu groß, und eine Explosionen von H2 unter hohem Druck kann zu großen Verwüstungen führen.

Wasserstoff als Energiespeicher

Wasserstoff ist auch kein guter Energiespeicher [Martin 2021]. Grüner Wasserstoff wird sehr teuer sein, da dazu große Mengen Strom eingesetzt werden müssen. Dazu kommen die Kosten für die Elektrolyse-Infrastruktur, Tanks, Kompressoren und die Brennstoffzellen. Je nach Verfahren hat die Elektrolyse eine Effizienz von 60%-85% und die Brennstoffzelle einen Wirkungsgrad von 47% bis 62% (im Labor). Ignorieren wir den Energieverbrauch, der durch die Kompression entsteht und die Nutzenergie noch weiter
reduziert, sowie Leckagen, kommen im besten Fall 53% im schlechtesten Fall 28% der Ausgangsenergie wieder im Stromnetz an. Das bedeutet man kann erst dann ökonomisch keine Verluste mehr machen wenn der Strompreis um das vierfache steigt oder mehr wenn man auch die Anschaffungskosten
berücksichtigt. Paul Martin, Chemischer Ingenieur, hat dies in einem Artikel vorgerechnet.

Lösung

Wasserstoff kann nicht überall als Ersatz für Erdgas genutzt werden. Zudem ist es recht teuer Wasserstoff aus regenerativen Quellen zu erzeugen, weshalb es nur in wenigen Szenarien sinnvoll ist. Stattdessen können wir viele Aufgaben, die heute mit Erdgas erledigt werden anders lösen.

AnwendungHeuteZukunft
HeizenGasheizungWärmepumpe
StromerzeugungGasturbineErneuerbare Energien + Speicher
Gasmotoren
KochenGasherdE-Herd, Induktionsherd
MobilitätGasautosE-Autos
Industrie GasBlack/Blue H2Grün H2

Weitere Referenzen

Paul Martin, Hydrogen to Replace Natural Gas – By the Numbers, 2020